Eine Chance zur Weiterentwicklung - Was diese Zeiten für mich bedeuten

Es sind turbulente Zeiten in denen wir im Moment leben. Ich kann mich noch gut an Silvester erinnern, als wir in ein neues Jahrzehnt gestartet sind. Tief in mir spürte ich, dass sich etwas verändern würde. 2020 - klang magisch. Ich wusste, die nächsten zehn Jahre würden entscheidend dazu beitragen in welche Richtung sich unsere Welt entwickelt. Meine Generation wuchs in einer Zeit auf in der es noch nicht selbstverständlich war bereits die Handhabung eines Handys zu beherrschen lange bevor man richtig gehen konnte. Trotzdem wurden wir in dem Wissen groß, dass wir alles schaffen können, alles haben können, wenn wir nur hart dafür arbeiten und ehrgeizig unsere Ziele verfolgen. Man sagte uns, wenn man seinen Träumen und seiner Leidenschaft folgt, fügt sich alles von alleine. Vielen erschien alles als möglich. Bis nicht mehr alles möglich war.

Nun, verändert hat sich so einiges und damit hat wohl wirklich niemand gerechnet. Man lernt die eigene Freiheit erst so richtig zu schätzen, wenn sie einem genommen wird. Wenn man nicht mehr selbstverständlich vor die Haustür gehen darf. Wenn man sich an strenge Regeln und Vorschriften halten muss. Der Lockdown und die damit verbundene Ausgangssperre hat viel im Gedankengut der Menschen verändert. Man würde annehmen, dass vor allem die Jungen, die mit so viel Freiheit aufgewachsen sind, Schwierigkeiten damit haben würden. Stattdessen sah ich von Anfang an mehr ältere Personen, die die Mund-Nasen-Bedeckung nicht akzeptieren wollten. 

Vielleicht ist es ein Unterschied, ob man aufwächst und erfährt was es heißt frei zu sein, wenn es vorher nicht so war. Im Gegensatz zu den "Jungen", die bereits in absoluter Freiheit aufwuchsen und für die es eine temporäre Einschränkung ihres normalen Lebensstiles darstellt, sich der aktuellen Lage zu fügen.

Als die Krise bei uns begann bedeutete es für mich Homeoffice, zuhause in meiner Wohnung zu bleiben. Viele Wochen fast niemanden zu sehen, außer die Menschen beim Einkaufen und auf dem Bildschirm. Es war ok. Ich hatte weder Kurzarbeit, Kinder zu versorgen, gefährdete Menschen in meinem Umkreis,... noch dazu kann ich gut alleine sein, manchmal zu gut. Selbstverständlich war ich froh, als alles gelockert wurde und man sich wieder treffen konnte. Jetzt, da der Lockdown schon einige Zeit her ist, fällt es mir sehr schwer alleine zu sein. Als hätte ich einiges aufzuholen und kann oft nicht genug davon bekommen meine Lieben zu sehen. 

In letzter Zeit habe ich viel darüber nachgedacht, wie anders sich dieses Jahr entwickelt hat. In eine Richtung, die sich wohl keiner vorstellen konnte. Und auch wenn es eine sehr schwierige Zeit ist, bin ich der Meinung, dass es auch sein Gutes hat. Die Menschen haben wieder gelernt, wie wichtig es ist Zeit mit seinen Freunden und der Familie zu verbringen, wie schön die eigene Heimat sein kann und vor allem: wie es ist nicht alles und sofort haben zu können. Der letzte ist meiner Meinung nach mit einer der größten Punkte, die sich negativ auf unsere Gesellschaft auswirken. Verzicht ist etwas, dass viele einfach verlernt haben oder ohne aufwuchsen. Es bedeutet eine negative Auswirkung auf das eigene Leben, etwas, dass einem schadet. Aber, wenn man nie auf etwas verzichten muss, kann man dann alles genügend wertschätzen? Ist man noch dankbar für das was man hat? 

Die fehlende Wertschätzung und Dankbarkeit für unseren Wohlstand und unseren Lebensstil lassen uns egoistisch und rücksichtslos werden. Wir achten weniger aufeinander, weniger auf unsere wunderschöne Erde, weniger auf eine harmonische Gemeinschaft. Alles was zählt ist Geld, Erfolg und Ansehen. Mir ist klar, dass dies schon immer oder zumindest lange so war. Aber es wird immer schlimmer und dieser Dämpfer, der sich nun mal in Form dieser Krise kristallisiert, kann etwas Gutes bewirken.

Wenn wir es annehmen, verstehen und etwas ändern. Immer wieder muss ich an ein Wort denken, dass viele mit altmodischem Christentum verbinden: Nächstenliebe. Würden wir verändern, wie wir miteinander umgehen; unsere Prioritäten auf Wertschätzung, Verlässlichkeit und Loyalität ausrichten, könnte etwas wirklich wundervolles passieren. 

Dankbarkeit und Demut für alles was uns dieser Planet schenkt, zu empfinden, würde vielleicht unsere Sicht auf den Klimawandeln verändern. Wenn wir die Augen öffnen und sehen, was sich in der kurzen Zeit des Stillstands auf der Welt gebessert hat, würden wir begreifen wie schnell sich dieser Planet, den wir Heimat nennen regenerieren kann. 

An Silvester hab ich mir viele tolle Erinnerungen für das neue Jahrzehnt gewünscht. Ich dachte an Partys mit meinen Freunden und Reisen in aufregende Länder. Aber nach dieser Zeit wünsche ich mir vor allem, dass meine Freunde und meine Familie bei mir sind, wir füreinander da sind, wir unsere Heimat schätzen lernen - und am meisten: dass wir alle etwas daraus lernen. Hoffentlich.



Manchmal sind es die Details und die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen.


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